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Wenn Projekte einfach nerven

Verspätungen, fehlende Ressourcen, zu viele Änderungen, überzogene Budgets …

Egal, ob Führungskraft eines mittelständischen Unternehmens oder Leitungsebene innerhalb eines Konzerns: Die Teilnehmer meiner Workshops kennen die zahlreichen Fallstricke des Projektgeschäfts. Denn irgendwie haben sie alles, was bei Projekten „schief gehen“ kann, schon mal gehört und/oder selbst erlebt. Die volle Aufmerksamkeit und Zustimmung meiner Workshop-Teilnehmer ernte ich stets dann, wenn ich gleich zu Beginn bewusst überspitzt zusammenfasse:


„Projekte, die nerven doch einfach nur“.


In dieser überspitzten Formulierung liegt bereits der wichtigste Schlüssel für die erfolgreiche Veränderung einer Organisation: den Nerv zu treffen, die Menschen zu „berühren“. Argumentiert man ausschließlich auf der Sachebene, wie eben beispielsweise „Projekte dauern zu lange, sind unzuverlässig usw.“, dann bleibe ich zwar sehr sachlich, aber erzähle eben auch wenig Neues, erzähle wenig, was die Teilnehmer wirklich berührt – und mit dem sie wiederum die Kolleginnen und Kollegen in ihren Unternehmen berühren können. Ich spreche hier gerne vom:


„Leuchten, das endlich wieder in die Augen der Mitarbeiter zurückkehrt“.



Für mich persönlich war dies ein langer, wichtiger Entwicklungsweg. Ein Weg, den ich damals mit der Grundannahme begonnen hatte, es genüge, rationale Wirkzusammenhänge zu nutzen, um ein Problem oder einen Problembereich in den Griff bekommen. Zu Beginn meiner Arbeit stand ein Wort von Eli Goldratt besonders im Vordergrund: „Fokus“. Fokus verstanden in dem Sinne: Was soll ich jetzt tun? Um so gleichzeitig Wissen darüber zu erlangen: Was soll ich jetzt nicht tun?

Denn die Grundannahme, die mir auf Unternehmensebene begegnete, war diese: Im Wesentlichen gehe es darum, dass Menschen in Organisationen suboptimal arbeiten würden. Das Management müsse nun, unter Einsatz geeigneter Methoden dafür sorgen, dass die Mitarbeiter wieder optimaler arbeiten. Jedoch stellte ich dabei immer wieder fest, dass mit dieser Haltung (trotz Darstellung eindeutiger rationaler Wirkzusammenhänge) die Begeisterung in der Umsetzung nicht besonders groß war.


Alptraum Projektarbeit?

Dass es Projekte geben kann, die nicht „nerven“, auch das haben viele vermutlich schon einmal erlebt. Nämlich dann, wenn ein Projekt höchste Priorität bekommt. Dann lässt jeder im Unternehmen ungefragt alles andere stehen und liegen und schenkt dem Projekt vollste Aufmerksamkeit. Dann ist es durchaus möglich, ein einzelnes Projekt in einem Bruchteil der üblichen Zeit (und weit unter Projektplan) zu verwirklichen. Und weshalb macht man es nicht immer so, stattet Projekte mit optimalen Ressourcen aus, macht unterbrechungsfreies, fokussiertes Arbeiten möglich, wenn man doch eigentlich weiß, wie es funktionieren kann?


Eine wesentliche Aussage von Eli Goldratt war stets die Frage nach dem Engpass. Hier spricht er nicht von Menschen oder Ressourcen. Besonders zum Ende seines Lebens hin hat er häufig davon gesprochen, das Management sei der Engpass. Und das ist eine völlig andere Antwort als die, welche die eingangs beschriebene Grundannahme nahelegte. Denn dort war völlig klar: Der Engpass sind stets die Mitarbeiter und KEINESFALLS das Management.

Mich hat es sehr beeindruckt, als ich dabei sein durfte, wie die Geschäftsführung eines mittelständischen Unternehmens ankündigte, dass jetzt Critical Chain bzw. "Mehr Projekte in kürzerer Zeit" eingeführt werden soll. – Der erste Schritt: weniger Projekte gleichzeitig zu machen. Die Geschäftsführung hat jedoch diese Neueinführung ihren Mitarbeitern anders angekündigt – und damit alle, mich inklusive, völlig überrascht.

Die Geschäftsführung erklärte zunächst wieso und mit welcher Zielsetzung sie diese Veränderung einführen will. Dann jedoch passierte etwas, womit niemand im Raum gerechnet hatte – es folgte ein überaus berührender Moment, denn sie sagte: „Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ihr habt mir immer schon gesagt, wir machen zu viel gleichzeitig. Entschuldigung, dass ich das nicht verstanden habe.“ Diese Situation, wie sie die dort entstanden ist, war eine, wie ich sie immer schon gewünscht hatte: Nämlich, dass das Leuchten in die Augen der Mitarbeiter zurückkehrt.

Was können wir tun, um die Mitarbeiter emotional zu erreichen? Ein großer Teil besteht meiner Meinung darin, die Verantwortung dahin zu legen wo sie ist, für das, wie es gerade ist. Dort, wo die Regeln festgesetzt, aufrechterhalten oder weitertragen werden. Denn hier sind diejenigen, die am ehesten eine Veränderung bewirken können.


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